Das klassische Shotokan-Karate entstand in Japan aus der Notwendigkeit heraus, sich unbewaffnet gegen Waffen tragende Gegner zur Wehr setzen zu müssen. Gelehrt und trainiert wurde diese Kriegskunst im Geheimen, da sie von der Obrigkeit verboten war. Die Kämpfer lernten, einen überraschenden Angriff abzuwehren und den Angreifer mit einer einzigen Technik niederzustrecken.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde aus der Kriegskunst eine Kampfkunst. Meister Gichin Funakoshi führte die Methode des kontrollierten Abstoppens der Technik kurz vor dem Auftreffen ein, um die Verletzungsgefahr beim Training auszuschalten. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges verbreitete sich das Shotokan-Karate auf der ganzen Welt. Ende der vierziger Jahre gründete sein Schüler Masatoshi Nakayama die Japan Karate Association (kurz:JKA). Die JKA entwickelte sich bis heute weltweit zum größten Verband für traditionelles Karate.

Das klassische Shotokan-Karate ruht auf drei Säulen:

KIHON (=Grundschule): Hier lernt der Karateschüler ohne Partner verschiedene Abwehr- und Angriffstechniken auszuführen. Eingesetzt werden hierzu verschiedene Teile der Arme, wie Fäuste, Ellbogen, Handkanten und Fingerspitzen, aber auch die Füße und Beine und die Knie werden benutzt.

Durch die ständigen Wiederholungen werden die Techniken so geschult, daß der Körper im Ernstfall wie eine Waffe gebraucht werden könnte, aber es wird auch die Kontrolle der Technik angestrebt. In Verbindung mit der Technik werden auch verschiedene Stellungen trainiert, der richtige Einsatz der Hüfte und die höchstmögliche Konzentration von Körper und Geist auf eine Technik. Hörbar gemacht wird sie durch den KIAI („Kampfschrei“), der bei diesem Körpereinsatz erfolgt.

KATA (=Form): Hier kämpft der Karateschüler in der Grundform gegen mehrere imaginäre Gegner. Der Karateka übt, sich in verschiedene Richtungen zu verteidigen. Kata dient am Anfang vor allem zur Körperschulung und zur Perfektionierung der Technik. Getreu dem Grundsatz: „Es gibt keinen ersten Angriff im Karate“ (das bedeutet, daß Karate immer nur zu Verteidigungszwecken gebraucht werden soll) beginnen alle 25 im Shotokan gebräuchlichen Kata mit einer Abwehr.

Karate wurde früher nur durch Kata gelehrt, manche der höheren Kata sind mehrere hundert Jahre alt, z.B. Kanku Dai, die früher unter dem Namen „Kushanku“ bekannt war. Im fortgeschrittenen Stadium soll sich der Karateschüler aber nicht mit dem bloßen Erlernen der Technik und der Abfolge der Techniken in der Kata zufriedengeben, er soll auch den spirituellen Aspekt betonen. Deshalb kann man Kata auch als „Meditation in Bewegung“ bezeichnen.

Das dritte Element im Shotokan-Karate ist das KUMITE (=Partnertraining).

Hier geht es darum, die beim Kihontraining erworbenen Fähigkeiten mit dem Partner zu üben. Der Karateka soll lernen, im richtigen Moment die richtige Technik auszuführen. Dazu gehört neben der Wahl der korrekten Distanz ein hohes Maß an Konzentration, damit die Technik kontrolliert ausgeführt werden kann und der Partner nicht verletzt wird. Es gibt verschiedene Kumite-Formen. Angefangen beim Partnertraining mit Absprache, z.B. Gohon-Kumite und Kihon-Ippon-Kumite, über den halbfreien Kampf, das Jiyu-Ippon-Kumite, bis zum Jiyu-Kumite, dem Freikampf.